Sunday, June 10, 2007

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2.hofgang

habe obst und brot verteilt und die bettwäsche in die zellen gelegt. so langsam die bürokratie hier auch ist, beim wäschewaschen sind sie schnell. beim rausheben der wäsche aus der fahrbaren metallkiste bin ich mit meinem finger an der scharfen kante hängengeblieben und habe mir ein stück haut weggeschabt. die kaum sichtbare wunde brennt. eigentlich bin ich müde,aber wirklich schlafen kann ich nicht. gerade eben habe ich im betonhof eine neue perspektive entdeckt. legt man sich auf die bank und sieht alles aus der waagrechten, dann bekommt man eine neue variante des betonklotzes zu sehen. eine ameise klettert am boden herum. aus meiner perspektive klettert sie hinauf. die sonne bescheint mittlerweile 2/3 des hofs. die schatten der fussbälle, die herumligen sind länger geworden. von irgendwoher dringen stimmen an meine ohren. die männlichen gefangenen spielen fussball. ein vogel krächtzt kläglich. das unkraut, das aus dem kanaldeckel wächst ist das einzige grün, das ich sehen kann. zigarettenstummel am boden zeugen von unserer anwesenheit. der himmel ist immer noch blau. leichte, watteähnliche wolken bilden immer wieder neue muster. eine fliege sitzt auf meinem bein. ich spüre ihre kleinen füße auf meiner haut und überlege mir, worauf sie den ganzen tag herumspaziert ist. ich jage sie weg. ihr surren verweilt länger in meinem gehörgang als notwendig. wenn ich die wärterin richtig verstanden habe, dann ist das tribunal bereits vorbei. von neun bis halb zwei. viereinhalb stunden, kürzer als erwartet. ein gutes oder schlechtes zeichen? ich verscheuche auch meine gedanken. die anderen müssten in zwei stunden wieder da sein. banges warten. der sekundenzeiger wird immer langsamer. ein vogel ruft mir zu. es wird alles gut. die weiße taube sitzt auf einem mast. ich kann sie sehen und pfeife. sie bewegt aufgeregt ihren kleinen kopf und fliegt davon. eigentlich mag ich tauben nicht, aber die, die da auf dem mast gesessen ist, war mir irgendwie sympathisch. herzschmerzhoffnungskitschgeschichte, aber das ist jetzt eben wirklich passiert. ich reiße mir ein haar aus. ich träume nicht.

die hoftür geht auf: alles ok? - si,si alles ist gut oder auch nicht, ich bin nur gerade kaum anwesend - was willst du tun, wenn du wieder frei bist? - reisen - warum? - um das leben zu lernen.

don diego hat mir erklärt wie gläubige menschen mit diesem theater umgehen.
ich habe ihm erklärt wie ich damit umgehe.
er hat mir erklärt woher das wort :tifosi: kommt.
ich habe ihm erklärt, dass ich keine lust habe italienisch zu lernen.
er hat mir erklärt was :il fumo provoca il canerco: heißt.
ich habe einen zug von meiner zigarette genommen und mich gefragt warum die zigaretten diana heißen.

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